Die Tschechoslowakei auf ihrem Weg zum Protektorat 1939

Die Tschechoslowakei als Vielvölkerstaat

Die Tschechoslowakei ist nach dem Ersten Weltkrieg von den Siegermächten aus Landesteilen zusammengefügt worden, die vormals österreichisch, ungarisch, deutsch oder polnisch waren, aber nie in der Geschichte einen Staat gebildet haben. Der Name verschleiert, daß im neu geschaffenen Staat die größten Völker Tschechen und Sudentendeutsche sind und nicht Tschechen und Slowaken, und er läßt nicht erkennen, daß der neue Staat drei Landesteile hat und nicht nur zwei. Die Karpato-Ukraine, ganz im Osten der Tschecho-slowakei, bildet mit ihrer ruthenisch-ukrainischen Bevölkerung ein eigenes Gebiet. 1938 zählt die Tschechoslowakei neben 6,7 Millionen Tschechen auch 3,1 Millionen Deutsche, 2 Millionen Slowaken, 734tausend Ungarn, 460tausend Ruthenen (Ukrainer), 180tausend Juden, 75tausend Polen und 240tausend Menschen anderer Herkunft. Die Tschechen stellen damit im eigenen Staat nicht einmal die Hälfte der Bevölkerung. Der Status dieses neuen Staatsgebildes ist in den Verträgen von Saint-Germain, von Trianon und von Versailles festgeschrieben. Die Verträge bestimmen, daß jede da genannten Minderheiten ihre innere Autonomie in der neuen Tschechoslowakei erhalten soll. Von Seiten der Tschechen wird das auch so zugesagt. Der tschechische Delegierte in Saint-Germain Eduard Beneš teilt den Siegermächten diese Absicht als Versprechen in einer Note vom 20. Mai 1919 schriftlich mit:

„Die tschechoslowakische Regierung hat die Absicht, ihren Staat so zu organisieren, daß sie als Grundlage der Nationalitätenrechte die Grundsätze annimmt, die in der Verfassung der schweizerischen Republik zur Geltung gebracht werden, d.h., sie will aus der Tschechoslowakischen Republik eine bestimmte Art Schweiz machen.”

Schon die Verfassung von 1920 löst die Zusagen für eine Autonomie nicht für alle Minderheiten ein. Den Slowaken gegenüber erkennen die Tschechen ihr Versprechen nicht mehr an und verweigern ihnen das zugesagte eigene Landesparlament. Auch die Deutschen, die Ungarn und die Polen werden in dieser Hinsicht nicht bedacht. Sie stehen lediglich unter dem Schutz von Minderheitenartikeln in der Staatsverfassung. Der neue Staat entwickelt sich statt dessen bald zu einem Zentralstaat in der Hand der Tschechen. Staatsapparat, Polizei und Militär sind überwiegend tschechisch. Die einsetzende Bedrückung der vielen Minderheiten durch die Tschechen belastet fortan das Verhältnis der Tschechoslowakei zu allen ihren Nachbarstaaten.

Das deutsch-tschechische Verhältnis ist dabei durch zweierlei Entwicklungen in einem besonderen Maß belastet. Die eine ist die historische Konkurrenz der Deutschen und der Tschechen, die nun offen an den Tag tritt. So veröffentlicht zum Beispiel ein tschechischer Jurist Namens Stěhule 1919 eine Denkschrift mit dem Titel „Der tschechoslowakische Staat im internationalen Recht“, in der er die Stellung der Deutschböhmen in seinem neuen Staat wie folgt beurteilt:

„… Der Deutsche als Feind der Menschheit kann das Recht auf Selbstbestimmung nicht nach seinen egoistischen Bedürfnissen wahrnehmen. … Es sind die Slawen, auf deren Kosten sich der Deutsche ausgebreitet hat, und dieses Unrecht muß nach der Meinung der Menschheit wieder gutgemacht werden, d.h. das deutsche Volk muß dieses Territorium seinen rechtmäßigen Eigentümern herausgeben.“

Mäßigendere tschechische Stimmen dringen kaum noch durch.

Die andere Entwicklung zeigt sich in der gegen Deutschland gerichteten Bündnispolitik Prags mit Moskau und Paris. 1936, während der Rheinlandkrise bieten die Tschechen den Franzosen ihre Waffenhilfe gegen Deutschlands „Rücken“ an. Verbündete sowjetische Offiziere erkunden Flugplätze in der Tschechoslowakei, um sie gegebenenfalls in einem Kriege zu nutzen. Der französische Luftfahrtminister Cot äußert noch am 14. Juni 1938 in einem Interview: „… daß gemeinsame Angriffe der französischen und der tschechischen Luftwaffe sehr schnell alle deutschen Produktionsstätten vernichten könnten.“ So bildet die Tschechoslowakei mit ihrer weit in deutsches Staatsgebiet hineingeschobenen geo-strategischen Lage und ihrer Bündnispolitik eine latente Bedrohung für das Deutsche Reich.

Hitler erwähnt in einer – von Oberst Hoßbach protokollierten – Generalsbesprechung im November 37 erstmals, daß er gedenkt, den tschechischen Landesteil der Tschechoslowakei, der bis 1918 fast 1000 Jahre lang zum Deutschen Reich gehört hat, als „Lebensraum im Osten“ und wegen der latenten Bedrohung von dort bei Gelegenheit zu annektieren. Im Dezember 1937 ordnet Hitler der Wehrmachtsführung gegenüber erstmals an, Pläne für eine spätere Eroberung der Tschechei zu erarbeiten.. Mit einer weiteren Weisung vom 21. Dezember 1937 wird die Tschechei zum eigenen Kriegs- und Eroberungsziel. Jetzt geht es auch nicht mehr alleine um die „Heimkehr“ der Sudetendeutschen. Nun steht die Tschechoslowakei als Erweiterung des deutschen Lebensraums und als militärisch dauerhaftes Risiko für Deutschlands Sicherheit auf Hitlers Tagesordnung.

Das tschechisch-slowakische Verhältnis

Abgesehen von der zunächst vertraglich vereinbarten und dann doch nicht zugestandenen Autonomie für die Slowakei übernehmen die Tschechen von Beginn an in vielen Gemeinden der Slowakei die kommunale Gewalt, die nun eigentlich auf die Slowaken übergehen sollte. Als 1928 ein führender slowakischer Politiker, der spätere Staatspräsident der Slowakei, Professor Dr. Vojtech Tuka in einer von ihm verfassten Schrift die einst zugesagte Autonomie für sein Volk verlangt, wird er mit 15 Jahren Haft bestraft. Die Unzufriedenheit der Slowaken wächst, je länger die Tschechen die Tschechoslowakei als „ihren“ Staat regieren. 1937 fordert der Chef der Slowakischen Volkspartei Andrej Hlinka noch einmal die zugesagte Autonomie für die Slowaken, dazu die Anerkennung seines Volkes als politische Körperschaft mit Minderheitenrechten und eine Besitzstandsgarantie für den Landbesitz des slowakischenn Bevölkerungsanteils. Im selben Jahr schreibt der „Slowakische Rat“ der Exilslowaken aus den USA an die tschechische Regierung einen offenen Brief, in dem es heißt:

„Mit welchem Recht habt ihr die Slowakei und Ruthenien besetzt? Wir sind keine Tschechen, keine Tschechoslowaken. Wir sind Slowaken und wollen Slowaken bleiben. Unser Volk leidet Mangel. Tschechische Polizei schießt bei Demonstrationen auf Slowaken. … Gebt uns unsere Freiheit wieder.“

Die tschechoslowakische Ehe ist Ende der 30er Jahre zerrüttet.

Die Sudetenkrise

Im. März 1938 wird Österreich an Deutschland angeschlossen. Von da an steht das Thema „Tschechoslowakei” in London, Paris und Moskau auf die Tagesordnung. Hier argwöhnt man zu Recht, daß Hitler der Sudetendeutschen wegen und um sich der Tschechen im eigenen Rücken zu entledigen, als nächstes die Tschechoslowakei erobern könnte. Auch innerhalb der Tschechoslowakei spitzt sich nun die Lage zu. Die Forderungen der Sudetendeutschen nach der Verwirklichung der in der Verfassung vorgesehenen Autonomie innerhalb der Tschechoslowakei werden immer direkter vorgetragen. Die Benachteiligung und Verfolgung der Sudetendeutschen hört indes nicht auf. Vom 1. bis 31. Mai 1938 werden in der Tschechoslowakei bei Übergriffen 3 Sudetendeutsche getötet und 130 verletzt, viele davon schwer. Des weiteren sind 40 Überfälle mit Mißhandlungen von sudetendeutschen Bürger bekannt geworden.

Im August 1938 entsendet die britische Regierung eine Kommission unter Sonderbotschafter Runciman nach Prag, um dort den Stand der sudetisch-tschechischen Differenzen zu ermitteln und, wenn möglich, zu vermitteln. Lord Runciman erfährt sehr schnell, daß ein Ausgleich zwischen Tschechen und Sudetendeutschen nicht mehr möglich ist. Runcimans Bericht vom 21. September 1938 fällt vernichtend für die Tschechen aus. Runciman empfiehlt, die Grenzbezirke mit überwiegend deutscher Bevölkerung unverzüglich von der Tschechoslowakei zu trennen und an Deutschland anzugliedern. Für weitere Gebiete, in denen die Sudeten nicht die große Mehrheit bilden, schlägt er Volksabstimmungen vor und einen autonomen Status innerhalb der verbleibenden Tschechoslowakei.

In dieser Lage versucht der britische Premierminister Chamberlain zu retten, was zu retten ist.

Chamberlain verhandelt am 15. September in Berchtesgaden mit dem deutschen Kanzler Hitler und noch einmal vom 22. bis 24. September in Bad Godesberg bei Bonn, um das Problem der über drei Millionen Sudetendeutschen ohne Krieg zu lösen. Hitler verlangt den Anschluß der Sudetenlande bis zum 1. Oktober 1938 und droht anderenfalls mit Krieg. Dank der Vermittlung des italienischen Ministerpräsidenten Mussolini kommt es am 29. und 30. September 1938 auf der Münchener Konferenz dann doch zu einer Lösung. Hier beschließen die Staats- und Regierungschefs aus Rom, Paris, London und Berlin in einem Kompromiß:

  1. Die Räumung der vorwiegend deutsch bewohnten Sudetengebiete zwischen dem 1. und dem 10. Oktober 1938 und
  2. daß ein internationaler Ausschuß unter tschechischer Beteiligung zusätzliche Gebiete bestimmen soll, in denen die spätere Zugehörigkeit durch eine Volksabstimmung geklärt wird.

Dieses Münchener Abkommen der vier Mächte wird den Tschechen von den Botschaftern Englands und Frankreichs wie ein Urteil ohne Berufungsmöglichkeit eröffnet mit der dringenden Empfehlung, es unverzüglich anzunehmen. So verliert die Tschechoslowakei im Oktober 1918 ihre überwiegend deutsch bewohnten Landesteile.

Der Zerfall der Tschechoslowakei

Die Trennung der deutschsprachigen Bevölkerung vom Staat der Tschechen und Slowaken nach der Konferenz von München löst das Problem nicht, das dieser Staat seit seiner Gründung hat. Den Slowaken, Ungarn, Polen und Ruthenen (Ukrainern) sind 1919 in der „Vereinbarung von Pittsburgh“ und im Minderheitenabkommen von Saint-Germain Rechte zugesprochen worden, die sie nun – wie jetzt die Sudetendeutschen – endlich haben wollen. Doch die Tschechen kämpfen trotz des bitteren Lehrgelds, das sie in München hatten zahlen müssen, weiterhin um ihre Vorherrschaft über die Slowaken und Ruthenen. Zum Druck von innen folgt nun neuer Druck von außen. Im Oktober 1938 fordert Polen Grenzgebiete von den Tschechen, im März 1939 folgen ungarische Ansprüche. Am 13. März teilt der rumänische Außenminister Gafencu der deutschen Reichsregierung mit, daß

„Rumänien kein Interesse an einem Fortbestand der Tschechei oder der Slowakei habe, und daß es sich in keiner Weise mehr an Prag gebunden fühle”.

An diesem Tage lösen sich die Slowakei und die Karpato-Ukraine aus der Tschechoslowakei. Die slowakische Regierung bittet Hitler unverzüglich, die Schutzherrschaft über ihren neuen Staat zu übernehmen. Die Karpato-Ukraine wird sofort von Ungarn annektiert. Am 14. März 1939 hat die Tschechoslowakei aufgehört, zu existieren.

Die Tschechei wird zum Protektorat

Am 13. März 1939, nimmt der englische Botschafter Henderson in Berlin Verbindung zu Staatssekretär von Weizsäcker im Auswärtigen Amt auf. Er will erfahren, was Hitlers weitere Absicht ist. Von Weizsäcker, der Hitlers Einmarschpläne kennt, weicht aus und sagt nur: „Was auch immer getan wird, wird in einer anständigen Weise geschehen”. Henderson warnt von Weizsäcker in aller Eindringlichkeit vor dem Eingreifen Englands für den Fall, daß das Münchener Abkommen verletzt werden sollte. Diese Warnung bleibt, was Hitler später wohl vermerkt, eine leere Drohung. Henderson drängt am gleichen Tag noch seinen tschechischen Kollegen, er möge seinem Außenminister in Prag nahelegen, sofort nach Berlin zu reisen und die tschechoslowakische Entwicklung mit der Reichsregierung absprechen.

Ob auf Druck des englischen Botschafters oder aus eigenem Entschluß, am 14. März wendet sich der bisherige Staatspräsident der Tschechoslowakei, und ab diesem Tag nur noch Präsident der Tschechen, Dr. Hacha an den deutschen Kanzler. Er bittet um einen baldigen Besuchstermin. Noch am 14. nachmittags reisen Dr. Hacha und sein Außenministers Chvalkowsky mit der Bahn von Prag nach Berlin. Dr. Hacha trifft spät abends ein und wird mit allen zeremoniellen Ehren, die einem ausländischen Staatsoberhaupt gebühren, in der Reichshauptstadt empfangen. Im Vorgespräch, das der tschechische Präsident noch im Hotel mit dem deutschen Außenminister führt, sagt Dr. Hacha zu von Ribbentrop, daß er gekommen sei, „um das Schicksal der Tschechei in die Hände des Führers zu legen”. Von Ribbentrop meldet Hitler diese hachasche Redewendung, worauf der von Ribbentrop beauftragt, sofort ein deutsch-tschechisches Abkommen zu diesem Zwecke zu entwerfen.

Als Dr. Hacha bei Hitler eintrifft, ist es inzwischen 1.15 Uhr morgens; für den alten und herzleidenden Präsidenten eine arge Strapaze. Hacha kann auf das, was nun auf ihn zukommt, nicht ganz unvorbereitet gewesen sein. Bereits beim Empfang am Bahnhof hatte ihn der tschechische Botschafter davon unterrichtet, daß soeben deutsche Truppen in Mährisch-Ostrau auf tschechisches Territorium vorgedrungen wären. Ansonsten sind die deutschen Verbände, die zur Besetzung vorgesehen sind, während sich Dr. Hacha und Hitler gegenübertreten, bereits auf ihrem Marsch zur Grenze. Hitler hatte den Einmarsch deutscher Truppen schon vor zwei Tagen für diesen Morgen auf 6 Uhr in der Frühe festgelegt.

Präsident Hacha geht mit ausgestreckten Armen auf Hitler zu und eröffnet das Gespräch mit einem Schwall von Freundlichkeiten:

„Exzellenz, Sie wissen gar nicht, wie ich Sie bewundere. Ich habe alle Ihre Werke gelesen, und ich habe es möglich gemacht, daß ich fast alle ihre Reden hören konnte.”

Nach der Konferenzeröffnung ist es wieder der tschechische Präsident, der sofort das Wort ergreift. Nachdem er zunächst erklärt, daß er den nun selbständigen Slowaken „keine Träne nachweint” kommt er zum deutsch-tschechischen Verhältnis:

„Jahrhunderte lang haben unsere Völker nebeneinander gelebt und den Tschechen ist es nie so gut gegangen wie dann, wenn sie mit den Deutschen im Einvernehmen lebten. Deshalb habe ich Sie auch um eine Unterredung gebeten, denn ich will die Mißverständnisse, die zwischen unseren beiden Ländern aufgetaucht sein mögen, ausräumen. Ich lege das Schicksal meines Volkes in Ihre Hände mit der Überzeugung, daß ich es in gar keine besseren legen könnte.

Hitler erwidert zunächst freundlich, doch dann beginnt er aufzuzählen, wie die alte Tschechoslowakei das deutsch-tschechische Verhältnis ruiniert hat. Auch nach der Konferenz von München vor sechs Monaten und nach der Ausgliederung der Sudetengebiete habe sich am alten Geist der Feindschaft nichts geändert. Die tschechische Armee sinne nur auf Rache.

„So sind”, sagt Hitler, „bei mir am letzten Sonntag die Würfel gefallen. … Ich habe der Wehrmacht den Befehl gegeben, in die Rest-Tschecho-Slowakei einzurücken und sie in das Deutsche Reich einzugliedern. …. Jetzt gibt es nur noch zwei Möglichkeiten: entweder leistet die tschechische Armee dem Vormarsch der deutschen Truppen keinen Widerstand. In diesem Falle hat Ihr Volk noch gute Aussichten für die Zukunft. Ich werde ihm eine Autonomie gewähren, die weit über alles hinausgeht, wovon es zu Zeiten Österreichs hätte träumen können. Oder aber ihre Truppen leisten Widerstand. In diesem Falle werden sie mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln vernichtet werden.”

Eine Verhandlung zwischen Hitler und Hacha findet nicht mehr statt. Der „Führer” drängt den tschechischen Präsidenten, seinen Truppen sofort zu befehlen, keinen Widerstand zu leisten. Der anwesende Oberbefehlshaber der Luftwaffe Göring, setzt nach und droht, andernfalls am nächsten Morgen Prag zu bombardieren. Dr. Hacha gibt schweren Herzens der Erpressung nach und weist Verteidigungsminister Sivory an, jeden Widerstand der tschechischen Armee zu unterbinden. Nachdem das klar ist, wird auch auf deutscher Seite ein Schießverbot für die Wehrmachtsteile ausgesprochen, die ab 6 Uhr die Grenzen überschreiten sollen.

Morgens um 3.55 Uhr schreiten Hitler und Dr. Hacha zur Unterzeichnung der Erklärung, die Außenminister von Ribbentrop nach seinem ersten Gespräch mit Hacha am vergangenen Abend auf Hitlers Geheiß entworfen hatte:

„… Auf beiden Seiten ist übereinstimmend die Überzeugung zum Ausdruck gebracht worden, daß das Ziel aller Bemühungen die Sicherung von Ruhe, Ordnung und Frieden in diesem Teil Mitteleuropas sein müsse. Der tschecho-slowakische Staatspräsident hat erklärt, daß er um diesem Ziel zu dienen und um eine endgültige Befriedung zu erreichen, das Schicksal des tschechischen Volkes und Landes vertrauensvoll in die Hände des Führers des Deutschen Reiches legt. Der Führer hat diese Erklärung angenommen und seinem Entschluß Ausdruck gegeben, daß er das tschechische Volk unter den Schutz nehmen und ihm eine seiner Eigenart gemäße autonome Entwicklung seines völkischen Lebens gewährleisten wird.”

Das Protektorat Böhmen und Mähren

Der Vollzug dieser erpreßten Abmachung geht erstaunlicher Weise ohne alle Reibungen über die Bühne der Tschechei. Die Wehrmacht besetzt noch bis zum Abend die Landesteile Böhmen und Mähren. Hacha bleibt Regierungschef bis 1945. Der frühere deutsche Außenminister von Neurath wird ihm als „Reichsprotektor” und Hitlers persönlicher Vertreter vorgesetzt. Die deutsche Reichsregierung übernimmt die Ressorts Außenpolitik, Finanzen, Wirtschaft und Verteidigung in eigene Regie. Hachas tschechische Regierung verfügt mit der Hoheit über Inneres, Kultur und weitere Ministerien dann nur noch über die Befugnis, ein im Inneren autonomes Eigenleben zu gestalten. Die Polizei bleibt demnach tschechisch. Das Militär wird von 150.000 Mann auf 7.000 abgerüstet.

Diese Darstellung darf nicht verdecken, daß die Protektoratsmacht Deutschland die Tschechei bis 1945 mit einem Heer von 5.000 Polizeibeamten kontrolliert und damit alle antideutschen Bestrebungen im Keim erstickt. Eine geschätzte Zahl von 36 bis 55tausend Tschechen wird in den sechs Jahren Opfer deutscher Herrschaft, wobei – auch das gehört zum deutsch-tschechischen Verhältnis – mehr als 90 Prozent der Denunziationen und Anzeigen, die zur Verhaftung von Tschechen führen, auch von Tschechen stammen.

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